Wolfgang Herdegen 

 

wurde katholisch erzogen und ist stets ein guter Katholik geblieben. Seine Jugend verbrachte er in der Zeit der religiösen Spaltung und Wirren die zum Aufstand der protestantischen Union gegen den Katholizismus in Böhmen beitrug. Dabei kam es zur Schlacht am Weißen Berg und damit zum dreißig Jährigen Kriege. Wolfgang hat sich schon jung anwerben lassen und Krieg von Anfang an mitgemacht. Es steht geschrieben, dass er sein ganzes Leben im Felde und in Schlachten verbrachte und dass er lange Zeit im (30 jähriger Krieg) Schwedenkrieg gewesen ist. Im Juni 1630 ereichte in diesem Krieg König Gustav Adolf in Deutschland.

Kamerad aus diesem Kriegsgeschehen war Oberst Caspar, der später in Pregnitz (Bregenz?) am Bodensee lebte und von einem anderen Oberst der später oberhalb von Schweinfurt wohnte und den Herdegen dort in Schweinfurt aufsuchte. Dann ist auch die Rede von einem Oberst St.André, der öfters Wolfgang Herdegen aufsuchte. Diese Kriegsgefährten nannten sich untereinander Brüder, was für diese Zeit gebräuchlich war. Spätestens 1632 wurde Wolfgang Herdegen Hauptmann und Regiments Quartiermeister unter General Johann von Werth. Wo er sich indessen gefürchteter Schar bis zur Auflösung des Korps befand. Dabei enthüllt uns die Geschichte Werths zugleich die Geschichte Wolfgangs. Der erste nächste Hinweis ist im Taufregister von Unterschüpf am 2.Mai 1638 zu finden. Dort wird Wolfgang Herdegen als Taufpate des Kindes des Hatzfeld'schen Vogtes Mebs erwähnt. Wolfgang Herdegen wurde dabei lediglich als Hatzfeld'scher Diener bezeichnet. In einem zweiten Eintrag wiederum als Taufpate vom August 1639 war er Hatzfeld'scher Kommandant.

Wolfgang Herdegen hatte seinen Amtssitz in Unterschüpf. Dies war der bedeutendste Ort des ehemals Rosenbergischen Gebietes, sowie der Sitz ihrer Verwaltung. Dieser Ort liegt wenige hundert Meter oberhalb des Einflusses des Schüpfbaches in die Umpfer. Zu Wolfgangs Zeiten besaß dieser Ort die Marktgerechtigkeit und sogar eine Lateinschule.

Wolfgang Herdegen war kaiserlicher Hauptmann und Regimentsquartiermeister und diente unter dem Kaiserlichen General Johann von Werth. Er hat sein Leben in Feld und während einer Schlacht mit größter Tapferkeit aufgeopfert. Spätestens im Frühjahr 1639 heiratete Herdegen die beträchtlich jüngere Amalie Susanne Landbeck, deren Vater der einst dort amtenden, aber schon seit vielen Jahren verstorbenen Vogtes Lorenz Landbeck. Amalie Susanne wurde zu Rosenberg im Jahre 1614 geboren. Das genaue Heiratsdatum lässt sich leider nicht ermitteln, da die Eheregister fehlen. Wolfgang Herdegens junge Braut war evangelisch geboren, daher wurden ihre gemeinsamen Kinder ebenfalls evangelisch getauft.

Wolfgang Herdegen von Culm machte bei seinem Wohnort in Schüpf keinen Gebrauch mehr von seinem adeligen Namen, dabei nannte er sich kurzweg Herdegen. Wie fremdartig dieser Name bei den Leuten klang, ersieht man daraus, dass er sich mannigfaltigsten Verstümmelungen gefallen lassen musste, wir finden sogar noch 100 Jahre später in Ludwigsburg die Schreibweisen Hartaegen, Herwegen, Hartegger, Harddeckh, Herteg, Haerdaeg, Herdegg, Hartaeg, u. a. Wolfgang selbst soll sich während seiner letzten Jahre in Oehringen selbst Hardegg genannt haben. Warum legte Wolfgang den Adel ab? Weil er ein einfaches, bürgerliches Mädchen geheiratet hatte? Weil seine Frau evangelisch war und blieb? Fand er die von ihm besetzten Stellen dabei nicht würdig. Letzteres könnte doch höchstens für seine letzte Beschäftigung als Gastwirt in Oehringen zutreffen. Waren es ähnliche Erwägungen die ihn dazu bewogen die Stelle als Verwalter in Schüpf gegen eine Stelle in Aschhausen zu tauschen. Sein Sohn bezeugte, in Schüpf wurde Wolfgang Herdegen stets als Adliger behandelt und zu allen ritterlichen Veranstaltungen eingeladen.

Tatsache bleibt, dass Wolfgang Herdegen im Jahre 1643 dem Schüpfer Grund den Rücken kehrte und in das südlich davon liegende Jagsttal übersiedelte, wo er an verschiedenen Orten und in verschiedenen Stellungen bis zum Jahre 1658 blieb. Hier kam er das Erste mal in Beziehung zu Württemberg, dessen regierender Herzog Eberhard III den Nöten der Zeit wehrlos gegenüberstand.

Wolfgang Herdegen lebte zwischen 1643 und 1648 in dem damals schon württembergischen Aschhausen als Verwalter der Güter des minderjährigen Johann Gottfried von Aschhausen.

Wolfgang Herdegen selbst nannte sich 1645 "des Guts Bestand Inhaber", von dem nur knapp eine Tagesreise entfernten Mergenheim. Bei dem bei Herbsthausen erfochtene Sieg der Bayern über die Franzosen mag wohl einige Truppendurchzüge und Quartierlasten, sowie auch kleinere Plünderungen an der Tagessordnung gewesen sein. Hier in Aschhausen erreichte Wolfgang auch die lang ersehnte Nachricht des am 24.Okt.1648 zu Münster abgeschlossenen Friedens. Einen Beweis dafür, dass Wolfgang als treuer Katholik

galt, liefert uns die Tatsache, dass Johannes Carpentarius, Pfarrer in Marlach und Wintzenhofen "bey gesundem Verstand, ohngezwungen und ohngedrungen, ohne jeden Entgeld" die als Schöntal'sches Lehen besessene Wasser- und Mahlmühle an der Jagst bei Westerhausen dem damals vier Jahre alten Sohn des Wolfgangs, Johann Christof Herdegen schenkte. Anscheinend befreite sich der Schenker damit von einer schweren Last, denn das Anwesen welches außer der Mühle auch einen "Hoffried und Gehäusung" besaß, wie auch einige Wiesen umfasste. Infolge der Kriegsnöte befand sich das Gut in schlechtem Zustand und war wegen den darauf ruhenden Latten und Kontributionen fast unverkäuflich. Die Schenkung erfolgte am 26.April 1648 in Aschhausen schriftlich vor vier Zeugen und ohne jegliche Bedingung. Vielleicht scheint es dabei eine mündliche Abmachung gehabt zu haben, dass der kleine Johann Christoph katholisch bleiben und dereinst studieren und Pfarrer werden sollte. Die Schenkung wurde vom Kloster Schöntal, als Lehensherrn am 29.März 1649 auf Wolfgang Herdegen und seiner Erben in allen Teilen bestätigt. Dagegen werden

die an das Kloster zu leistenden Abgaben wie folgt festgesetzt : jährlich sechs Heller "so fünfzehn Schillinge ausbringen" als Zinsen, ein Fastnacht- und zwei Sommerhühner, jährlich dazu zwei Gulden "für Contribution", alles fällig auf Martini. Außerdem verpflichtete sich der Käufer des Anwesens in gutem Stand zu erhalten und dem Kloster ein Vorkaufsrecht zu lassen. Im Falle von Wolfgangs Ableben sollten seine Erben dem Kloster 50 Gulden entrichten. Diese letzte Bestimmung zu Lasten des neuen Eigentümers galt übrigens für jeden Übergang der Mühle aus einer Hand in die andere. Viel Freude scheint allerdings Wolfgang Herdegen an dem neuen Besitz nicht gehabt zu haben. Im Laufe der Jahre musste er beträchtliche Mittel in die Gebäude und die Wasserbauten stecken, jedenfalls weit mehr, als er an Nutzen daraus zu zeihen vermochte. Hinzugekauft wurden auf den Namen seiner Frau Susanne Landbeck-Herdegen 1 2/3 Morgen Wiesen in mehreren Stücken und 8 Ruten Krautacker. 1649 gab Wolfgang die Stellung in Aschhausen auf und erwarb sich in Gommersdorf ein Gut, das er die nächsten vier Jahre bewirtschaftete. Hier wurde ihm auch 1652 ein Sohn Jakob August geboren. Warum Wolfgang im Jahre 1654 auch dieses Arbeitsfeld aufgab ist nicht ersichtlich. Er scheint seinen Besitz nicht gleich verkauft zu haben, wenigstens nicht eine Mühle. Vielleicht hatte er mit finanziellen Nöten zu kämpfen, wie es aus den späteren

Verhandlungen wegen der Mühle hervor geht. Von 1654 bis 1657 verwaltete Wolfgang die von Voburg'schen Güter in Bödigheim. Dabei ist ihm wohl der Gedanke gekommen, die Landwirtschaft, die sich wahrscheinlich gar nicht mehr rentierte ganz aufzugeben und einen anderen Beruf zu ergreifen. Er zog daher nach Oehrigen (1657) und kaufte dort die Wirtschaft "zum goldenen Adler" zu der auch die so genannte Würz- (Wirts-) Mühle gehörte. Die zum Ankauf erforderlichen Mittel beschaffte er sich anscheinend durch den Verkauf seiner Besitzungen in Gommersdorf. Sicher hätte er auch gerne die Mühle in Westernhausen abgestoßen, doch die befand sich in einem so schrecklichen Zustand. Das ganze Gebäude war durch Hochwasser zerstört worden und baufällig.

Der "Goldene Adler" lag außerhalb der Stadt an der Strasse nach Heilbronn. Das Gebäude steht auch heute noch und heisst nun "zum Adler". An dem Gebäude scheint sich seit dem Mittelalter nicht viel verändert zu haben. Die Familie scheint, obwohl eine der wenigen katholischen in fast ganz protestantischen Städtchen, hier gute Freunde besessen zu haben, das kam ihrzugute, als bald nach ihrer Übersiedelung Schwierigkeiten wegen der Mühle bei Westernhausen entstanden. Unser Ahne wurde offenbar von einigen fürstl. Würzburgischen Geistlichen in Schöntal denunziert. Man behauptete er sei zum Protestantismus übergetreten, sein Sohn Johann Christof denke gar nicht daran zu studieren und werde protestantisch erzogen. Damit seien die Bedienungen verletzt, unter denen die Schenkung der Mühle einstens erfolgt sei, ganz abgesehen davon, dass in der Zwischenzeit verstorbene Schenker sie bereits am 3.Mai 1649 rückgängig gemacht hat.

Diese Beschuldigungen zu widerlegen, fiel Wolfgang nicht sehr schwer. In einem längeren vom 9.Februar 1658 datierten Brief erklärt er "nicht um einen Buchstaben von seiner katholisch römisch apostolischen Religion gewichen zu sein, im Gegenteil sich beständig und ohne Schwanken zu derselben bekannt, auch seine derzeitigen acht Kinder in derselben aufgezogen zu haben. Der Umzug in das protestantische Oehringen sei lediglich erfolgt, weil die äußere Notdurft dazu gezwungen habe, aber der Umzug sei seiner und der Kinder katholischen Religion nicht im geringsten abbrüchig oder schädlich geworden". Seine Verteidigungsschrift schließt Wolfgang mit der Bitte, das Kloster wolle ihm gegen Rückerstattung der zu ihrer Instandhaltung aufgewendeten Gelder die Mühle wieder abkaufen. Er selbst sei nicht mehr in der Lage, die jetzt noch erforderlichen Kosten und die dem Kloster geschuldeten Abgaben zu leisten. Es fände sich auch sonst Niemand, nicht einmal in dem Dorfe Westernhausen, das auf die Mühle angewiesen sei, und die Mittel habe, sie zu kaufen und in Stand zu setzen. Die Darlegung Wolfgangs wurden in allen ihren Einzelheiten bestätigt und im ganzen befürwortet in einem amtlichen, am gleichen Tage an das Kloster gerichteten Schreibens, eines gewissen Johann Ulrich Blatthorn, der sich selbst als "Beamten hochadeliger (d.h.hohenlohescher ) beider Linien" bezeichnet und der wohl Amtsvorsteher war. Der Verfasser selbst, war Lutheraner, betont dabei ausdrücklich, dass die Familie Wolfgangs ihres katholischen Glaubens wegen in Oehringen keinerlei Drangsale zu erleiden habe, wie sonst evangelische Familien sie in katholischen Städten zu erdulden hätten.

In Schöntal scheint man Wolfgang Herdegens Erläuterungen für richtig erkannt zu haben und dabei wurde der Rückkauf der Mühle beschlossen. Schon am 25.Mai desselben Jahres erfolgte der Austausch der Urkunden in welchem die Familie Wolfgangs jedem Recht auf die Mühle und die hinzu gekauften Gründe entsagt, während andererseits das Kloster den ganzen Besitz, so wie er war, zurücknimmt. Dabei gewährte das Kloster eine Entschädigung von 200 Gulden in bar, davon 100 Gulden an altem Wimmentaler Wein, 120 Malter Frucht, teils Dinkel, teils Hafer. Der Ehefrau Wolfgangs 10 Reichstaler für Weinkauf, dem Sohne

Johann Christof 6 Reichstaler "zum Angedächtnis". Ausserdem übernahm das Kloster die Instandsetzung des Anwesens gegen Verzicht Wolfgangs auf die als Verkäufer ihm zustehenden 50 Gulden. Im selben Vertrag setzte das Ehepaar Herdegen seinem Sohne Johan Christof 100 Gulden aus, unter der Bedingung, dass er katholisch bleibe, täte er das nicht, sollte dieser Betrag zu gleichen Teilen unter seinen katholische bleibenden Geschwistern verteilt. Das vom Ehepaar Herdegen unterzeichnete Exemplar des Vertrages trägt auch die Unterschriften seiner älteren Kinder, der 18 jährigen Maria Magdalene und des 17 jährigen Johann Leonhard sowie des kaum 14 jährigen Johann Christof. Als mithaftende Garanten zeichneten die Schwäger Landbeck in Oberschüpf und Meissner in Lichtenstern, sowie als guter Freund, der Bürgermeister Olshausen von Oehringen.

Der Vertag wurde nachträglich, da es sich um die Rechte eines Minderjährigen handelte, auch noch dem Oehringen'schen Vormundschaftsgericht unterbreitet, das ihn im Monat August guthieß, da "der Verkauf notwendig und für den minderjährigen Sohn nützlich sei". Damit war die leidige Mühle Angelegenheit endgültig geregelt. Abschriften dieses Schreibens liegen ebenfalls in der Stuttgarter Landesbibliothek. Wolfgangs letzte Lebensjahre fallen in die Zeit, wo in Brandenburg der große Kurfürst herrschte, in Frankreich für den minderjährigen König Ludwig XIV der Kardinal Mazarin die Zügel der Regierung führte und in Württemberg Herzog Eberhard III sich bemühte, dem Land die Segnungen des neu gewonnenen Friedens zu vermitteln. Am 8.März 1662 ist unser Ahne in Oehringen gestorben. Seine Wittwe heiratete schon am 5.August desselben Jahres in zweiter Ehe den Schultheissen Johann Georg Bissinger in Finsterrot, einem kleinen erst 1510 entstandenen Dorfe bei Weinsberg, auf hohenloheschen Gebiet. Von den Kindern Wolfgang kennen wir Marie Magdalene, das älteste, am 23.Februar 1640 in Unterschüpf getaufte Kind, Johann Leonhard (getauft 5.September 1641 in Unterschüpf), Hans Linhart und Johann Gottfried, die alle drei nach Oesterreich auswanderten. Johann Christof Oswald, geboren 1644, dem ursprünglich die Mühle zugedacht war, der später laut eines Briefes nicht allzu weit von Straubing an der Donau(Bayern) gelebt hat. Jakob Augustin, er blieb in Württemberg und Johann Blasius Konrad, wohl eines der jüngeren, wenn gar das jüngste Kind. Er wurde Heiligenpfleger in Oberrot bei Gaildorf und ist am 18.Juni 1727 gestorben. Seine Nachkommen führen heute noch den Namen Herdegen.

 

   

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